sdp Jahresendtreffen 2024
Köln 15.11.2024: Beim Jahresendtreffen wurden methodische Anpassungen, ein Update der Kurzbeschreibung zum Kodex und eine sdp-Philosophie beschlossen. 2025 erfolgt die weitgehende Fokussierung auf Gebäude mit Erschließung von Synergien in Modulen und Forschungsprojekten. Das Treffen hatte insb. angesichts der zunehmend schwierigen Lage für Klimaschutz einen desillusionierenden Charakter.
KickOff für Fernwärme-Forschung
Karlsruhe 06.08.2024: Die sdp beteiligt sich am 3-jährigen KomDat-Forschungsvorhaben unter Leitung des Fraunhofer IOSB . Bislang weise viele fernwärmebeheizte Gebäude Fehleinstellungen bzw. technische Probleme in der Verteilung auf. Durch Kommunikation- und Datenaustausch sollen Mieter*innen, Gebäudeeigentümer und Fernwärmeversorger gemeinsam Kosten- und CO2-Einsparpotentiale heben.
… informieren (externer Link)
Die Plattform für nachweisbasierten Klimaschutz
Auf der sustainable data platform werden digitale Werkzeuge für Energie- und Kosteneinsparungen gebaut. Kern sind valide und offene Daten als Grundlage für wirtschaftliche Entscheidungen und datenbasiertes Handeln zum Einhalten der Pariser Klimaschutzziele. Data belong 2 people!
Spätestens seit dem Dieselskandal wissen wir, wie viel Herstellerangaben zu Effizienz- und Emissionswerten wert sind. Ihnen zu vertrauen ist nicht angebracht, solange ein messbarer Umweltnutzen nicht im Einzelfall nachgewiesen wird. Erst im konkreten Einsatz zeigt sich etwa, wieviel Heizkosten eine neue Wärmepumpe oder Solaranlage wirklich einspart oder ob ein Gebäude ein grünes Label verdient.
Entscheidern fehlt ein datenbasiertes Monitoring mit validen Daten z.B. zu den Emissionen bei der Gebäudeherstellung, der CO2-Bewertung von Fernwärme und Biomasse oder den tatsächlichen CO2-Einsparungen bei einer Heizungsumstellung. Hier setzt die sustainable data platform mit ihrer ganzheitlichen Methodik an, um Klimaschutzziele vom persönlichen CO2-Fußabdruck bis zur Kommunalbilanz evidenzbasiert einzuhalten. Schwerpunkt ist der Gebäudebestand, hier wurden die Pariser Klimaschutzziele entlang von SDG 7 (saubere und bezahlbare Energie) in messbare Indikatoren übersetzt.
Der überwiegend ehrenamtliche Aufbau der gemeinwohlorientierten und offenen Plattform erfolgt aus der Zivilgesellschaft mit Hilfe engagierter Unternehmen und der Wissenschaft. Im Status Prototyp bzw. proof of concept werden in der Praxis bewährte Methoden zu digitalen Tools weiterentwickelt: für ein starkes Europa mit einem demokratischen Datenraum.
Gerne informieren wir Sie über unsere digitalen Tools, Ihre Möglichkeiten zum Engagement für die Transparenzoffensive und die Ansätze zur Verstetigung.
Initiative:
Transparenzoffensive
Mit der Transparenzoffensive für einen klimaneutralen Gebäudebestand stellt die sustainable data platform die ersten offenen Tools u.a. für Wärmepumpen und Fernwärme zur öffentlichen Nutzung bereit. Multiplikatoren wie z.B. Quartiersmanager sind für Testing und Weiterentwicklung willkommen.
Bürger*innen, Gebäudebesitzer oder Mieter können sich zudem beraten lassen, wie Kosten gespart und das Klima geschützt werden kann. In Anlehnung an das gleichlautende offene und neutrale Beratungsangebot des green-energy-centers in Innsbruck wurde dazu der erste info-corner Prototyp in Köln eröffnet.
Mehr Informationen zum info-corner …
Die Gebäude-Daten zu Energie und CO2 werden genutzt, um daraus mit Hilfe der Wissenschaft Nutzen zu generieren. Für eine verbesserte Steuerung der Energiewende wird zudem die Bereitstellung offener Daten z.B. durch Netzbetreiber oder Hersteller gefordert.
Interview:
Datenbasierte Klimastrategie
Bild: Tiroler Energiemonitoring 2021: Statusbericht zur Umsetzung des Ressourcen- Energie- und Klimastrategieprogramms “Tirol 2050 energieautonom” nach © E. Fleischhacker 2011, 2014
Umbau des Energiesystems: Ausbau Erneuerbare, Einsparung und Effizienzsteigerung gemeinsam umsetzen
Dr. Ernst Fleischhacker studierte und promovierte an der Universität Innsbruck, mit der er ab 1979 über Lehre und Forschung verbunden blieb.
Er verantwortete zahlreiche nationale und internationale Bau-, und Infrastrukturprojekte im Verkehrs-, Energie- und Telekombereich sowie maßgebliche Projekte der Regionalentwicklung und Ressourcenbewirtschaftung in Tirol.
Dr. Ernst Fleischhacker, Green Energy Center Europe
Green Energy Center Europe in Innsbruck: Zusammen mit seinem Sohn Nikolaus gründete Dr. E. Fleischhacker 2014 die FEN Sustain Systems GmbH und danach die FEN Research GmbH mit den Forschungszentren „EWest“ und „HyWest“, die tragender Bestandteil der privatwirtschaftlich organisierten Codex Partnerschaft des Green Energy Center Europe sind.
Frage 1: Herr Dr. Fleischhacker, die Statusberichte zur Umsetzung der Tiroler Energiestrategie werden seit 2011 auf Basis einer von Ihnen entwickelten Methodik erstellt. Wie hilft Ihre Methodik, um in Tirol Top-down und Bottom-up Ansätze zur Erzielung der Zielkonvergenz zusammenzubringen?
Antwort: Strategie braucht ein gemeinsames Ziel. In unserem Fall ist dieses mit den drei Worten “Tirol 2050 energieautonom” definiert. Um die Zielkonvergenz herzustellen, greifen Maßnahmen, Projekte und unabhängiges Feedback im Sinne von belastbaren objektivierten Daten ineinander. Dazu gibt es bei uns seit 2011 ein strategiebegleitendes Monitoring, dessen Jahresberichte auf der Landeshomepage für jedermann abrufbar sind. Zentrales Element ist eine Summengrafik über die Energiebedarfsdeckung, aus der die bisherige Entwicklung seit Beginn des Energiezeitalters, der Stand des Erreichten und die möglichen Zielpfade bis zum Jahr 2050 ablesbar sind.
Von 2011 bis 2014 dienten mir die Monitoring-Daten bei der Entwicklung eines “Klima-, Energie- und Ressourcen-Strategie-Programms”, dessen Ergebnisse in das Regierungsprogramm und die Verbreitungsstrategie eingeflossen sind. Top-down wurden die Maßnahmen und Projekte z.B. mit Zuschussprogrammen bedacht und Bottom-up wurde z.B. von der Landesinstitution “Energie Tirol” ein Bewusstseinsbildungs- und Bürgerbeteiligungsprozess eingeleitet.
In dieser Phase hat sich für mich herausgestellt, dass weder die öffentliche Hand noch die private Wirtschaft den für die Zielkonvergenz notwendigen dramatischen Umbau des Energiesystems in die Wege leiten können. Um das Ziel im Auge zu behalten und Nachfragende beim Umbau ihres Energiesystems auf Klimaneutralität und Autonomie zu unterstützen haben wir das Startup FEN Systems und das Green Energy Center Europe gegründet. Unser faktenbasiertes Vorgehen bei Entwicklung und Ausbildung ermöglicht uns auf vielen Ebenen Akteure zu unterstützen und in die „Zielkonvergenz-Arbeit“ einzubinden.
Auf die Jahresergebnisse des Energie-Monitorings blicken wir gespannt. Sie ermöglichen uns über die Arbeit vorhandener Institutionen und Unternehmen hinaus schwierige Themen anzugehen und notwendige Projekte wie z.B. die Optimierung der “Power on Demand”- und “Power to Hydrogen”-Prozesse umzusetzen.
Frage 2: Eine erfolgreiche Energiestrategie hängt von vielen Faktoren ab. Welchen Stellenwert hat unabhängiges Feedback, um bei verschärften Anforderungen und verrinnender Zeit noch Ressourcen- und Klimaschutzziele einzuhalten?
Antwort: Die Öffentliche Hand hat 2019 mit Hilfe des Feedbacks die erste einschneidende Kurskorrektur im Bereich der Zielpfade durchgeführt: Das Ziel für die Energieeinsparung wurde von -50% auf -37 % reduziert. Im Gegenzug wurde die Nutzung unserer sauberen Ressourcen Wasser, Sonne und Wind forciert, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Diese Top-down Entscheidung hat natürlich auch große Auswirkungen auf die Bottom-up Prozesse, in dem der Einzelne rechtliche und finanzielle Mittel an die Hand bekommt, um beispielsweise verstärkt PV-Anlagen zu montieren.
Dass der CO2 Zielpfad jedoch bislang nicht erreicht werden konnte liegt in der Trägheit des Substitutionsprozesses von Öl, Gas und Kohle. Mehr als 1/4 der Zeit für die Zielerreichung, die anfangs als viel zu lange kritisiert wurde, ist bereits verstrichen. Die ersten Top-down-Verantwortungsträger gibt nicht mehr und die Monitoring Daten zeigen, dass man sich Jahr für Jahr schwerer tut, die Zielerreichungspfade mit geeigneten Maßnahmen zu hinterlegen und darzustellen.
Unabhängiges Feedback ist besonders jetzt entscheidend, wo bei steigendem Druck mächtige Interessensträger, Dogmatiker und „Hyper“ mit Kräften an den Fäden des Energie- & Umwelt- Knotens ziehen. Dieser wird täglich dichter und erscheint in Verbindung mit der medialen Polarisierung schon unauflösbar. Ich sehe hier – den Erkenntnissen meiner jahrzehntelangen Arbeit mit jungen Studenten folgend – den Einzelnen, der unabhängig von diesem Schauspiel (jetzt gottlob sichtbar zunehmend) damit beginnt, sich seine Koordinaten selbst zu bestimmen und dabei auf unabhängige Informationen zurückgreift. Die Frage, welchen Beitrag kann ich selbst zur Erreichung der Klimaschutzziele beitragen, nimmt (besonders auch bei jungen Leuten) rapide zu.
In den letzten Monaten gewinnen öffentlich zugängliche “Künstliche Intelligenz Chats” an Bedeutung. Das über die Jahrzehnte mit Büchern, Studien und dann mit Google mühsam zusammengetragene Wissen auf die Frage “Klimaneutralität und Autonomie, was soll ich tun?” kann jetzt aus KI-Chats gezogen werden. Um mit der rapide zunehmenden Verfügbarkeit von Informationen auch die KI-Treffsicherheit zu trainieren sind schlicht und einfach die Daten aus der sdp notwendig. Aus der eigenen Anwendung des sdp Wärmepumpen Monitorings in unserem Keller wissen wir, dass wir derzeit mit unserer Grundwasserwärmepumpe aus 1 kWh Strom “nur” knapp 3 kWh Wärme erzeugen. Diese Ausbeute können wir durch entsprechende Maßnahmen noch um mehr als 60% erhöhen und unseren Beitrag zum Ressourcen- und Klimabilanz maßgeblich verbessern.
Frage 3: Die sustainable data platform steht für ein nachweisbasiertes Bottom-Up Monitoring. Welche Bedeutung kann die sdp für eine erfolgreiche Energiestrategie haben?
Antwort: Die Bedeutung der sdp ist – wie vorhin abgeleitet – entscheidend: Der “Einzelne“, der als Bedarfsträger, Konsument, Käufer, Arbeiter, Manager, Denker, Wähler u.s.w. tätig ist, braucht unabhängiges Feedback in Form von objektivierten Informationen und Daten.
Das nachweisbasierte Bottom-Up Monitoring der sustainable data platform ist die unabdingbare Grundlage für das verantwortungsvolle Handeln. Kann der “Einzelne” seine kleinen und großen Probleme unabhängig und faktenbasiert lösen und eine respektvolle Kommunikation im Sinne der gemeinsamen Ziele betreiben, dann denke ich ist uns allen, unserer Umwelt und dem Planeten geholfen.
Vielen Dank für Ihre Beantwortung der Fragen.
Information:
Mobilisierung der “datarevolution for sustainable development”
Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort: für bezahlbare CO₂-Reduktionspfade.
“Daten sind das Lebenselexier für Entscheidungen und das Rohmaterial für Rechenschaftspflichten. Ohne qualitativ hochwertige Daten, die die richtigen Informationen über die richtigen Dinge zur richtigen Zeit liefern wird die Konzipierung, Überwachung und Bewertung wirksamer Politiken fast unmöglich [UN-A World that Counts, 2014]“.
Die sdp will mit hochwertigen Daten die sektorgekoppelte Wärmewende unterstützen und so zur Mobilisierung der UN-Datenrevolution der UN für eine nachhaltige Entwicklung beitragen.
Endenergieverbrauch Deutschland nach Jahreszeit (Werte 2015)
2015 betrug der Anteil erneuerbaren Energien am Gesamt-Endenergieverbrauch 14,9 %. Der Anteil stieg bis 2021 auf 19,7 %. , jedoch stammte nur ca. ein Drittel aus Sonne und Wind [UBA 2022]. Werden Wärme und Verkehr einbezogen, stammt der überwiegende Teil der erneuerbaren Energie aus Biomasse. Datengrundlage Grafik: [Stiftung-Energieeffizienz 2016].
Ziel der sdp ist ein ganzheitlicher Datenblick, der über “all electric” hinaus z.B. Einsparungen, Solarwärme, verantwortungsvolle Biomassenutzung sowie ressourcenschonendes Bauen in eine erfolgreiche Transformation einbezieht.
Information:
Nachweisbasierte sdp-Methodik
Ganzheitliche Methodik, um Klimaschutzziele evidenzbasiert einzuhalten
Ziel der sustainable data platform ist das Erstellen einer konsistenten und unabhängigen Methodik zum wirtschaftlichen Erzielen von Klimaneutralität für Bürger*innen und Kommunen in Europa.
Obwohl Klimaschutz seit dem ersten Bericht an den Club of Rome von 1972 mit dem Titel „Die Grenzen des Wachstums“ diskutiert wurde, fehlen für Bürger*innen, Unternehmen und Akteure greifbare, auf das Pariser Klimaschutzabkommen und die Nachhaltigkeitsziele der UN abgestimmte Kennwerte.
Entscheidungen für wirksamen und bezahlbaren Klimaschutz können oft nicht getroffen werden: vom privaten Einkauf, über die Gebäudesanierung bis zur Planung kommunaler Maßnahmen. Nicht einmal die CO2-Emissionen aus der Herstellung von Autos oder Gebäuden sind transparent verfügbar. Dies will die sdp auf Basis ihrer offenen und unabhängigen Methodik ändern.
… mehr Informationen zur sdp-Methodik.
Information:
Offene sdp-Werkzeuge
Zertifizierte Tools zur Steuerung von Maßnahmen, die zur Klimaneutralität führen
Die sdp-Teilnehmer*innen bauen auf der offenen Plattform Tools, die ihren Zielgruppen Vorteile auf dem Weg zur evidenzbasierten Klimaneutralität bieten. Neben Non-Profit-Tools ermöglichen For-Profit-Module den teilnehmenden Unternehmen, wirtschaftlichen Erfolg und Klimaschutz zu verbinden.
Der CO2-Avatar ist das Werkzeug der sdp für den persönlichen Klimaschutz. Die offene und kostenlose Webanwendung dient der Erfassung und Reduzierung des persönlichen CO2-Fußabdrucks .
Der WP-Cockpit ist ein kostenloses Tool zur Überwachung des Betriebs von Wärmepumpen mit einem optionalen kostenpflichtigen Meterig-Set.
climate-neutral buildings ist das Tool zur Dekarbonisierung von Gebäuden, Beständen und Stadtteilen. Es sammelt und visualisiert zentrale Daten zu Effizienz, Energieverbrauch, Heizkosten und Emissionen.
… mehr Informationen zu den sdp-Tools
Interview:
valid-sustainable-data
Maschinelles Lernen zum Optimieren effizienter Anlagentechnik: “Aus der Rekonstruktion der täglichen Daten einer Solarthermieanlage können wir Anomalien erkennen. Alle Tage, welche einen Anomaliewert über einem Grenzwert haben, werden als Tage mit potentiell fehlerhaftem Verhalten erkannt.”
Valide und unabhängige Daten helfen Wissenschaft und Bürgern bei faktenbasierten Entscheidungen
Herr Florian Ebmeier, Herr Prof. Dr. Volker Franz und Frau Dr. Nicole Ludwig forschen am Exzellenzcluster der Universität Tübingen zu Maschinellem Lernen und erläutern im Interview den Nutzen valider und unabhängiger Daten für die Wissenschaft.
Universität Tübingen Fachbereich Informatik, Experimentelle Kognitionswissenschaft
Frage 1: Herr Ebmeier, Frau Dr. Ludwig, Herr Dr. Franz, Sie führen ein Projekt am Exzellenzcluster der Universität Tübingen zu Maschinellem Lernen und Solarthermie durch. Was treibt Sie an?
Antwort: Unsere Gesellschaft erlaubt sich derzeit einen unglaublichen Luxus: Aufgrund des verschwenderischen Umgangs mit Öl, Gas, Kohle und Kernenergie führen wir erhebliche Umweltprobleme herbei und begeben uns in große politische Abhängigkeiten. Solarthermie meint die Nutzung von ‚Sonnenwärme‘ und kann erhebliche Beiträge zur Bereitstellung von Wärme für Warmwasser und Heizung in Gebäuden leisten. Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass über 75% des Endenergieverbrauchs eines Haushalts alleine für diese einfache Wärmeversorgung aufgewandt wird (Quelle: ec.europa.eu/eurostat). Dabei gibt es heute schon Häuser in Mitteleuropa, die komplett mit Solarthermie beheizt werden, nichts verbrennen müssen und nur minimalen Stromverbrauch haben (wenn dieser nicht ebenfalls über Photovoltaik – also Sonnenstrom – gedeckt wird).
Frage 2: Welchen Beitrag kann Solarthermie zur Wärmeversorgung leisten?
Antwort: Wir wissen heute, dass eine dramatische Reduktion des Energieverbrauchs von Häusern möglich ist. Hier steht an erster Stelle eine konsequente Wärmedämmung. Parallel kann und sollte die benötigte Wärme über Sonnenenergie bereitgestellt werde. Das ist im Sommer sehr leicht, sodass in Mitteleuropa kein Ein- oder Zweifamilienhaus mehr im Sommer Öl, Gas, Kohle, oder konventionellen Strom verwenden sollte, nur um Warmwasser bereitzustellen. Das Ziel sollte nun sein, die Jahreszeiten in denen die Wärme CO2 frei über Sonnenenergie bereitgestellt wird immer mehr auszudehnen, sodass die konventionellen Heizungen immer früher im Jahr ausgeschaltet werden und immer später erst wieder angeschaltet werden. Dafür braucht es immer bessere, effizientere und billigere Solarthermieanlagen. Der große Vorteil der Solarthermie ist, dass sie eine hohen Flächeneffizienz und eine exzellente CO2-Bilanz hat.
Frage 3: Aber warum braucht man Maschinelles Lernen? Sollen die Sonnenkollektoren in Zukunft denken können?
Antwort: Wir wollenSolarthermieanlagen effizienter und billiger machen. Das maschinelle Lernen bietet große Möglichkeiten, die Regelung der Anlagen sehr viel intelligenter zu machen als bisher und parallel ein automatisiertes Monitoring der Anlagen zu erlauben. In beiden Bereichen besteht großes Optimierungspotential. Bei der Regelung kann zum Beispiel das intelligente Verwenden von Wettervorhersagen die Effizienz steigern. Stellen Sie sich einen kalten, sonnigen Wintertag vor. Normalerweise würde die konventionelle Heizung morgens den Wärmespeicher der Heizung auf Solltemperatur bringen, sodass mittags, wenn die Sonne scheint, nur wenig Kapazität vorhanden ist, um die Sonnenwärme zu speichern. Eine intelligente Regelung würde den Wärmebedarf abschätzen, mit der Wettervorhersage abgleichen, und dann die konventionelle Heizung morgens nur soweit aktivieren wie notwendig – die restliche Wärme würde dann mittags von der Sonne kommen. Auch bei dem automatisierten Monitoring der Anlagen kann maschinelles Lernen seine Stärken ausspielen: Es kann die Anlage permanent ‚beobachten‘, eventuelle Probleme frühzeitig erkennen, und die Nutzer oder Handwerker entsprechend informieren. Wenn ein derartig engmaschiges Monitoring von einem Fachmann geleistet werden sollte, wäre das nicht bezahlbar. Sowohl intelligente Regelungen als auch automatisiertes Monitoring können daher zu erheblichen Effizienzsteigerungen führen und die nur begrenzt verfügbaren Fachkräfte durch „digitale Werkzeuge“ unterstützen.
Frage 4: Die sustainable data platform steht für Transparenz und valide Daten: Wie tragen Sie dazu bei?
Antwort: Das Erheben und Bereitstellen von validen und representativen Daten ist essentiell für die Wissenschaft und macht es erst möglich die Technologien zu entwickeln, welche wir für eine erfolgreiche Energiewende brauchen. Wir wollen Systeme entwickeln, die sowohl von Unternehmen wie auch von Einzelpersonen benutzt werden können, um effizientere und billigere Solarthermieanlagen zu ermöglichen. Eines unserer Ziele ist, zum Beispiel, für Einzelpersonen eine Webseite über die sustainable data platform zur Verfügung zu stellen, über die sie die Daten Ihrer eigenen Solarthermieanlage hochladen und automatisiert bewerten lassen können. Damit kann dann jeder seine eigene Energiewende evaluieren. Analog versuchen wir in Zusammenarbeit mit Unternehmen und der sustainable data platform weitergehende Systeme zu entwickeln. Die Idee wäre, dass ein Handwerker bei der Routinekontrolle der Solarthermieanlage eine schnelle, automatisierte Bewertung der Anlage bekommt, bei Problemen entsprechend reagieren kann und Tipps zur Optimierung der Anlage erhält. Die sustainable data platform ermöglicht es uns daher, unsere Algorithmen und Methoden transparent für jeden zugänglich zu machen.
Vielen Dank für Ihre Beantwortung der Fragen.
Interview:
Plattformökonomie
Für offene, sichere und von Partikularinteressen freie Datenstandards in Europa
Matthias Schmitz-Peiffer ist CEO der HoWoGe Wärme GmbH, die in Berlin ca. 73.500 Wohnungen mit Wärme versorgt. Auf dem Weg zum Klimakiez gilt es optimale klimaneutrale Quartierslösungen in Neubau und Bestand zu identifizieren und umzusetzen.
Im Tagesgeschäft sieht er eine Vielzahl von Plattformansätzen, von der Abwärmenutzung bis zur Ladestation. Im Interview erläutert er die Notwendigkeit gemeinsamer nachweisbasierter Standards.
Matthias Schmitz-Peiffer, HoWoGe Wärme, Berlin
Frage 1: Herr Schmitz-Peiffer, Sie verantworten die Wärmeversorgung von über 70.000 Wohnungen in Berlin. Welche Klimaschutzziele verfolgen Sie und welche Maßnahmen ergreifen Sie zu deren Umsetzung?
Antwort: Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht der HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH für das Jahr 2021 haben wir die CO2 Intensität im Gebäudestand für Raumheizung und Warmwasser mit ca. 17 kg CO2/(m²*Jahr) angegeben.
Aktuell erarbeiten wir eine Klimaschutzstrategie. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass wir voraussichtlich auf einen Zielwert für das Jahr 2045 von unter 3 kg CO2/(m²*Jahr) zusteuern. Diese Werte können für jedes Gebäude oder jedes Quartier leicht und automatisiert ermittelt werden, indem der Abrechnung eines Energielieferanten für Fernwärme, Erdgas oder Strom der Verbrauch entnommen wird und mit der veröffentlichten CO2‑Kennzahl multipliziert wird.
Die Witterung kann jedes Jahr anders sein. Mit einer leichten Berechnung zur Bereinigung von klimatischen Schwankungen können die Jahre verglichen werden.
Es müssen je auf das Gebäude und Quartier zugeschnittene Lösungen zum Einsatz kommen. Das beginnt dabei Regenwasser lokal aufzunehmen und zu speichern, bei Neubauten mehr Holz und weniger Beton einzusetzen und endet bei einer Landschaftsplanung, die die Bedürfnisse von stadtbewohnenden Tieren berücksichtigt. Gebäude und Mobilität sind zusammenzudenken, das betrifft z.B. Lademöglichkeiten und Sharing-Angebote. Beim Heizen- oder Kühlen benötigen wir Niedertemperatur-Konzepte mit z.B. große Heizflächen. Die Neubau-Energieversorgung für Raumheizung, Warmwasser und Strom ist klimaneutral gestalten, möglichst mit 0 kg CO2/(m²*Jahr).
Im Bestand gilt es gezielt zu dämmen, und möglichst effiziente und standardisierte Anlagentechnik für Fernwärme und Erdgas zu betreiben. Wo möglich und wirtschaftlich darstellbar sind Wärmepumpen und Wärmerückgewinnung zu installieren. Analog sind Sonne, Wind und Speicher zu nutzen.
Frage 2: Die sdp steht für Transparenz und valide Daten: Welche Rolle spielen offene nachweisbasierte Standards zum sozialverträglichen Erreichen der Klimaschutzziele?
Antwort: Die Umsetzung einer sozialverträglichen Klimaneutralität ist eine große Aufgabe. Diese Aufgabe wird umso schwieriger, je näher wir uns dem Ziel nähern.
Durch klare Ziele und leicht verfügbare Informationen zur Zielerreichung sowie zur zeitlichen Dimension werden die Akteure unterstützt, die jeweils richtige Handlung auszuführen. Die Akteure sind nicht nur die Errichter und Betreiber von Immobilien, sondern wir alle mit unserem persönlichen CO2-Fußabdruck im Leben.
Frage 3: Daten sind die Grundlage jeder Entscheidung, sie können Prozesse beschleunigen und unterliegen als „Gold der Zukunft“ zahlreichen Interessen. Im Tagesgeschäft bereitet ihre Erfassung, Strukturierung, Analyse, Pflege und Nutzung viel Arbeit. Welche Lösungen streben Sie an, um die Digitalisierung zum nachhaltigen Erreichen Ihrer Klimaschutz- und Unternehmensziele einzusetzen?
Antwort: Wir benötigen eine strukturierte Facility-Management-Datenbank zur Abbildung der zentralen Energieversorgungsanlagen sowie eine standardisierte Automatisierung, die für die Sektorkopplung vorbereitet ist. Auch Kommunikation und übergreifende Leittechnik benötigt Standards.
Zudem wollen wir eine Monitoring Plattform mit Geodaten einrichten, um z.B. Wärmequellen und unvermeidbare Abwärme sichtbar zu machen und ausgewählte Gebäudedaten in regelmäßigen Abständen für viele Nutzer sichtbar zu machen.
Vielen Dank für die Beantwortung.
Call for action:
Wir benötigen Ihre Unterstützung
Nur mit Ihrer Hilfe können wir die Wärmewende noch schaffen.
Die sdp will einen Standard für einen geschützten EU-Datenraum schaffen, in dem Daten unter höchstem Datenschutz und ausschließlich im Sinne des Umbaus zur Klimaneutralität verwendet werden. Sie steht allen Akteuren, die Maßnahmen und Werkzeuge zum Umbau zur Klimaneutralität anbieten, zur Verfügung und stellt dabei sicher, dass die Daten mit nachgewiesen anerkannten und transparenten Methoden verarbeitet werden. Der Politik – von Kommunen bis zur Bundesregierung – steht sie zur Verfügung, um ihre Entscheidungen nicht auf Lobbyeinflüsse, sondern auf Fakten aufzubauen.
Die sustainable data platform wird seit 2020 als ehrenamtliche Initiative agil entwickelt. Um die Klimaschutzziele angesichts knapper Ressourcen und Zeitdruck noch zu erreichen, ist ein Zusammenwirken von vielen Plattformen, Datenanbieter*innen und Nutzer*innen notwendig. Zum Ausbau einer effizienten Plattformökonomie zur Unterstützung von Bürger*innen und Politik laden wir Sie daher ein.
Zur Verstetigung der wachsenden Plattform wurde beim sdp-Jahresendtreffen 2022 die Gründung einer europäischen Genossenschaft diskutiert, die sich aus Services der Plattform finanziert (… informieren).
Unterstützen Sie die Idee einer offenen Plattform für nachweisbasierten Klimaschutz, indem Sie z.B. das Spektrum Ihrer Stiftungsarbeit erweitern. Sprechen Sie uns an, um konkrete Möglichkeiten Ihrer Beteiligung zu prüfen.